Wie weiss ich, was mir Energie gibt?
Indem ich selbstkritisch reflektiere. Dabei gibt es eine Schlüsselfrage: Wie war das, als ich 20 war? Wofür habe ich gebrannt, was war mir wichtig? Dann gilt es, das in Kontrast zu setzen mit dem jetzigen Leben.

Prof. Dr. med. Katja Cattapan, Chefärztin Sanatorium Kilchberg.
Und dann streiche ich alles Lästige aus der Agenda?
Natürlich gibt es Dinge, die man tun muss. Aber wenn mein Leben zu 90 Prozent aus Dingen besteht, die keinen Spass machen, dann habe ich ein Problem. Wenn ich morgens aufstehe und mir überlege, was ansteht, sollte ich mich darauf freuen. Man muss Prioritäten setzen und bestimmte Dinge einfach nicht mehr tun.
Was ist mit Putzen, Waschen, Kochen?
Hier hilft Entlastung und Ernüchterung. Wenn wir uns von perfektionistischen Vorstellungen lösen, schaffen wir viel mehr und sind dabei entspannter. Ganz viele Menschen, besonders Mütter, haben sehr hohe Anforderungen an sich. Dabei muss nicht jeder Geburtstagskuchen selbst gebacken und jeder Adventskalender selbst gebastelt sein.
Kommen da keine Selbstzweifel auf?
Das ist ein Bewusstseinsprozess. Auch wenn ich wenig Zeit habe, kann ich es trotzdem gut machen. Beispiel kochen. Ich mache mir eine Liste mit einfachen Menüs, und wenn die Zeit knapp ist, gibt es halt ein schnelles Rührei. Natürlich ist hier eine Beschränkung drin, aber es ist ja kein Fast Food. Ich habe es trotzdem gut gemacht.
Wie schaffe ich es, als Teilzeitmami voll für mein Kind da zu sein?
Entscheidend ist nicht, wie viel Zeit man zusammen hat, sondern wie wertvoll die gemeinsame Zeit ist. Wenn ich mir bewusst Zeit für etwas nehme, habe ich letztlich mehr davon. Ich sage mir: «Jetzt haben wir Spielzeit, danach ist Essenszeit, und dann gehen wir spazieren.» Beim Spazieren habe ich dann aber nicht noch das Smartphone in der Hand.
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Das Gleiche gilt für die Beziehung?
In einer Partnerschaft darf es nicht nur darum gehen, wer einkaufen geht, die Wäsche macht oder die Kinder abholt. Auch hier hilft es, sich zu überlegen, was man früher gerne zusammen gemacht hat – beispielsweise in der Kennenlernphase. Für solche Dinge sollte man sich dann ab und an einen Abend freihalten.
Ist die Digitalisierung ein Problem?
Sie kann zur Überforderung beitragen. Aber sie schafft auch Freiräume. Durch sie sind wir gut vernetzt und haben beispielsweise die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Damit sie allerdings nicht zum Stressfaktor wird, müssen wir sie richtig einsetzen. Auch hier gilt: Alles zu seiner Zeit. Wenn ich Mails lese, lese ich Mails und esse dabei nicht noch zu Mittag.
Also ist Multitasking generell keine gute Idee?
Multitasking führt nicht zu mehr Produktivität – im Gegenteil. Zwischen Dingen hin und her zu wechseln, ist wahnsinnig anstrengend. Multitasking ist ein Energieräuber.
Hilft ein Zeitplan?
Wenn das Zeitmanagement realistisch ist, ja. Es muss auch Spontanes drinliegen, sonst werden wir zu Sklaven unserer eigenen Agenda. Dann muss nur etwas Unerwartetes dazwischenkommen, und schon geraten wir ins Schleudern und schaffen letztlich gar nichts mehr. Freiräume sind wichtig.
Wie wichtig ist Zeit für sich selbst?
Sehr wichtig. Und zwar sollte man Ruhepausen in den Alltag integrieren. Wer sich eine grosse Auszeit gönnt, geniesst die zwar, der Stress im Alltag ist dann aber schnell wieder da.
Wie geht man am besten vor?
Indem man sich Pausen verordnet und diese auch einhält. Auch Schlaf- oder Essenszeiten sollten regelmässig sein. Alltagsrituale sind wichtig. Der Rhythmus bringt Energie.
Was hilft sonst noch?
Bewegung. Und auch hier gilt: 30 Minuten täglich haben einen besseren Effekt auf den Energiehaushalt und die Stimmung als nur einmal die Woche, dafür ausgiebig.
Prof. Dr. med. Katja Cattapan, Chefärztin Sanatorium Kilchberg.